Flucht – auch ein Thema in der heiligen Schrift

Das Fest der Erscheinung des Herrn (6. Jänner) erinnert uns auch an die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Der Evangelist Matthäus erzählt: Nachdem die Sterndeuter aufgebrochen waren, erschien dem Josef ein Engel des Herrn und sprach: “Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten und bleibe dort, bis ich es dir sage, denn Herodes will nach dem Kind suchen um es zu töten“. Da stand er auf, … und floh nach Ägypten und blieb dort bis zum Tode des Herodes (Mt 2, 13-15).

Die Heilige Familie als Asylanten in Ägypten – als politische Flüchtlinge!

Das Alte und das Neue Testament erzählen viele Geschichten von Flucht, Verfolgung und Aufbruch in eine neue Heimat, von Aufnahme, Sorge um die Notleidenden, aber auch von Ablehnung und Abweisung. Das „auf der Flucht sein“ zieht sich thematisch durch die gesamte Bibel.

Im Folgenden ein Auszug dieser „Fluchtgeschichten“:

Da wäre zuerst Abraham: Die Abraham-Geschichte beginnt mit der Aufforderung Jahwes fortzuziehen:  „Zieh fort aus deinem Land aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde“ (Gn 12,1). Und Abraham zog fort und kam in das Land Kanaan.

„Als eine Hungersnot im Lande ausbrach, zog Abraham nach Ägypten hinab, um dort als Fremdling zu weilen. Denn die Hungersnot lastete schwer auf dem Lande (Gn 12, 10).

Auch sein Sohn Isaak muss nach dem Tod Abrahams das Land aufgrund einer Hungersnot verlassen:  „Es war im Land eine Hungersnot ausgebrochen; … Damals begab sich Isaak zu dem Philisterkönig Abimelech nach Gerar. Da erschien ihm Jahwe und sprach: ‚Zieh nicht hin nach Ägypten, sondern bleib in dem Land, das ich dir bezeichne. Weile als Fremdling in diesem Land, und ich will mit dir sein und dich segnen (Gn 26, 1-3).

Abraham und Isaak – Wirtschaftsflüchtlinge!

Im Streit um das Erstgeborenenrecht muss Jakob vor seinem Bruder Esau fliehen. Rebekka, die Mutter Jakobs schickt ihn fort: „Siehe, dein Bruder Esau sinnt Rache gegen dich … Mach dich auf und flieh zu meinem Bruder Laban nach Haran. Bleibe einige Zeit bei ihm, bis sich der Zorn deines Bruders gelegt hat“ (Gn 27, 42-44).

Im Buch Exodus wird berichtet, dass Mose vor dem Pharao nach Midian flüchten musste und dort lange Zeit zubrachte. Der Pharao wollte Mose töten, nachdem er einen Ägypter erschlagen hatte, der einen Hebräer misshandelte (Ex 2, 11-15). In Midian heiratet Mose Zippora, die Tochter des Priesters von Midian und wird Vater. Nach seiner Berufung und Sendung (brennender Dornbusch – Ex 3) kehrt er nach Ägypten zurück und führt sein Volk in einer langen Wanderung aus der ägyptischen Knechtschaft  zurück nach Kanaan.

Elimelech und seine Frau Noëmi fliehen vor einer Hungersnot aus Betlehem in Juda in das Land der Moabiter und bleiben dort ungefähr 10 Jahre (Rt 1).

Das 1. Buch Samuel berichtet über die Flucht Davids vor König Saul, der ihm nach dem Leben trachtete, weil er in ihm eine Bedrohung für sich und seinen Sohn Jonatan sah (1 Sm, 21).

Wie nun soll man mit Fremden umgehen?

Der siebte Tag aber ist Sabbat für Jahwe, deinen Gott. Da darfst du keinerlei Werk tun, weder du selbst, noch dein Sohn, noch deine Tochter, noch dein Knecht, noch deine Magd, noch dein Vieh, noch der Fremde, der sich in deinen Toren aufhält. (Ex 20,10)

Einen Fremdling darfst du nicht übervorteilen und nicht bedrücken; ihr wart ja selbst Fremdlinge in Ägypten. (Ex 22,20)

Wenn sich ein Fremdling bei euch im Lande aufhält, dürft ihr ihn nicht bedrücken. Wie ein Einheimischer aus eurer Mitte gelte euch der Fremdling, der sich bei euch aufhält. Du sollst ihn lieben wie dich selbst. Denn auch ihr waret Fremdlinge im Land Ägypten. Ich bin Jahwe, euer Gott! (Lv 19,33-34)

Denn Jahwe, euer Gott, ist der Gott der Götter und der Herr der Herren, der große und gewaltige und furchtbare Gott, der nicht Partei ergreift und keine Bestechung annimmt, der Witwen und Waisen Recht schafft und den Fremdling liebt, indem er ihm Nahrung und Kleidung gibt. So sollt auch ihr den Fremdling lieben; denn ihr seid Fremdlinge im Ägypterland gewesen. (Dt 10, 17-19)

Haltet gerechtes Gericht, und handelt ein jeder gütig und barmherzig an seinem Nächsten, und bedrückt nicht die Witwen und Waisen, den Fremdling und den Armen und sinnet nichts Böses in euren Herzen, einer wider den anderen. (Sach 7, 9-10)

Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute tun, das sollt auch ihr ihnen tun; denn das ist das Gesetz und die Propheten. (Mt  7,12)

Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gereicht, ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen, nackt, und ihr habt mich bekleidet, ich war krank, und ihr habt mich besucht, ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. (Mt 25,35-36)

Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe. (Jo 15,12)

Um das Gebot der Nächstenliebe zu illustrieren, erzählt Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,29-37) und stellt damit dem Gesetzeslehrer einen verachteten Ausländer vom Volk der Samaritaner als Vorbild vor die Nase: „Dann geh und handle genauso“.

(Bibelzitate aus: Die Bibel, Deutsche Ausgabe mit den Erläuterungen der Jerusalemer Bibel, hg. Diego Arenhoevel, Alfons Deissler, Anton Vögtle, Herder Freiburg, 1968)

Weitere Informationen siehe (eine Auswahl):

 https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/fremder-at/ch/de7184f87651fe911d8bbce1bd2cfd18/

http://www.arjeh.de/bibel/AT/fremder.html

http://www.jesus.ch/magazin/gesellschaft/christen_in_der_gesellschaft/236639-fremde_und_auslaender_in_der_bibel.html

https://www.academia.edu/11842482/Fremde_Fremdsein_und_Fl%C3%BCchtlinge_in_der_Bibel_2015_