Für die Kolonisation unseres Gebietes sind zwei Völker von entscheidender Bedeutung: Die Slawen, die an der Wende des 6. und 7. Jh., noch unter awarischer Oberhoheit in unseren Raum eindringen und auf keltische Bevölkerungsgruppen stoßen und die Baiern, die hier zum Teil schon in vorkarolingischer Zeit Kolonisation betreiben. Mit der neuen Machtposition des fränkischen Reiches unter Karl d. Großen setzt eine verstärkte Kolonisations- und Missionstätigkeit ein.

In der "Conversio Bagoariorum et Carantanorum", einer Salzburger Geschichtsquelle, findet man die Nachricht, dass im Jahre 865 Adalwin, der Erzbischof von Salzburg, eine Margaretenkirche "ad Spizzun" geweiht hat. Patrozinium und Ortsname lassen die Vermutung zu, diese Kirche in Niederranna zu suchen, doch ist hier keine Gewissheit zu erreichen.

Die Geschichte unseres Pfarr- und Gemeindegebietes ist untrennbar mit der Geschichte zweier Herrschaften verbunden: der Herrschaft Ranna mit der Burg als Zentrum und der Herrschaft Brandhof zu Niederranna.

1070 kauften die Herren von Grie, die wahrscheinlich im Gefolge der mächtigen Formbacher aus Baiern gekommen waren das Gebiet um Ranna. Angehörige dieser Familie, die sich auch nach Ranna nennen, tradieren bedeutenden Besitz an das Stift Göttweig. So schenkt Pilgrim von Ranna-Grie vor 1108 das Gebiet von Amstall-Ötzbach-Fohraberg-bis Kottes an das Stift - er selbst trat bald darauf in das Benediktinerkloster ein.

Die Güter werden nach dem Tod Waldos - des Erben der Herrschaft Ranna nach Pilgrim - von Markgraf Leopold III. eingezogen und teilweise an seine Schwester Gerbig übergeben, die ihren Wohnsitz nach Ranna verlegte und wahrscheinlich die mächtige romanische Wehrkirche errichten ließ.

Ein Besitzstreit zwischen Leopold III. und Pilgrim II. von Ranna-Grie wird 1122 geschlichtet: Pilgrim II. erhielt Ranna mit dem umliegenden Besitz, Göttweig erhielt Kottes mit Voitsau und einige Dörfer und einen Teil der Güter von Ranna. Der große Waldbesitz Waldos östlich von Purk blieb im Eigentum Leopold III.

Der Brandhof, ein Herrenhof unweit der Pfarrkirche, der in einer Urkunde aus 1489 unter diesem Namen bekannt wurde, wird zum Herrschafts- und Verwaltungszentrum des Klosters Göttweig, das durch weitere Schenkungen der Herren von Grie und altem Bestand aus der Schenkung des Bischofs Altmann von Passau einen ansehnlichen Besitzstand im späteren Pfarrgebiet erlangte.

Seelsorglich gehörte das Gebiet um Niederranna zur alten Passauer Pfarre St. Michael, die 1159 dem Stift St. Florian übertragen wurde. In der Urkunde wird die Margaretenkirche in Niederranna als Filiale von St. Michael explizit genannt.  

In Niederranna entstand vermutlich im 13. JH. ein Vikariat, das wohl bald alle Pfarrrechte erhielt. So bestand Niederranna jedenfalls seit 1228 als eigene Pfarre (Dekanatsbericht von 1780), die formell Stiftsvikariat, faktisch aber selbständig war. St. Florian verzichtete 1952 auf seine Rechte aus Patronat und Inkorporation. Seither ist Niederranna Pfarre liberae collationis.

Schon vor Niederranna wird die oben erwähnte Kirche zu Ranna, die dem hl. Georg geweiht ist, Mittelpunkt einer kleinen Pfarre. Sie wurde 1414-1424 an das neugestiftete Paulinerkloster in Unterranna übertragen und 1455 diesem inkorporiert. Bald nach der Aufhebung des Klosters 1783 wird sie mit Niederranna vereinigt.

Literatur:

Friedrich Hausmann, Die Neudegger, phil. Diss. Wien 1940
Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt IX, XI, XIII
Österreichische Kunsttopographie, Wien 1907
Dehio NÖ-nördl.d. Donau, Wien 1990
Franz Eppel, Das Waldviertel, Salzburg 1963
Wilhelm Zotti, Kirchliche Kunst in NÖ - Diözese St. Pölten, Bd.2, St. Pölten-Wien 1968